Frühlingsgeschichte für Senioren. Bayern und Westfalen
Das Kochen überlässt Ludwig fast immer seiner Frau. Als echter Münchner liebt er die bayerische Küche. Ein Gericht hat es Ludwig besonders angetan, und das kann er selber zubereiten: Schweinsbraten in Dunkelbiersoße mit Knödeln dazu. Diese Leibspeise gab es früher oft bei ihm zu Hause. Schon als junger Bursche schaute Ludwig seiner Mutter über die Schulter. Sie freute sich über das rege Interesse und zeigte ihm allerhand Kniffe. Er merkte sich jeden Handgriff und konnte schon als junger Mann eigenständig einen Schweinsbraten zubereiten.
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Diese Fertigkeit brachte ihm viel Glück. Als er nämlich seine liebste Marion Anfang der 80er-Jahre in München kennen lernte, konnte er ihr damit sehr imponieren. Er lud Marion, die zu einem Seminar nach München gekommen war, zum Essen ein. Aber nicht in ein Restaurant, sondern zu sich nach Hause. Dort kochte er ihr sein Lieblingsgericht. Marion, eine bodenständige Westfälin, war von seinem Schweinsbraten zutiefst beeindruckt. Auch sonst fand Marion zunehmend Gefallen am feschen Ludwig. Und Ludwig war mindestens genauso angetan von ihr. Er bezirzte seine Auserwählte, wie er nur konnte.
Amüsieren konnten sich die beiden über ihren Sprachgebrauch. Denn was bei Ludwig „Knödel" waren, hieß bei Marion „Klöße". Dazu trank Marion kein „Helles", sondern lieber ein „gut gezapftes Pils". Und schon gar nicht sagte Marion: „Grüß Gott", sondern: „Guten Tag". Zum Kaffee bestellte sie „Pflaumenkuchen", Ludwig dagegen „Zwetschgendatschi". Da trafen zwei Welten zusammen! Marion schnappte schnell die bayerischen Wörter auf, und Ludwig frotzelte liebevoll über ihren westfälischen Akzent.
Schweren Herzens fuhr Marion nach dem Seminar nach Westfalen zurück. Zum Abschied sagte sie, die nicht auf den Mund gefallen war: „Wenn du mal die westfälische Küche kennen lernen möchtest, bist du herzlich bei mir eingeladen." „Ja", entgegnete Ludwig scherzhaft, „dann will ich gern über den Weißwurstäquator zu dir nach Preußen fahren."
Bereits drei Wochen später saß Ludwig mit klopfendem Herzen im Auto und fuhr 700 Kilometer gen Norden. Marion zeigte ihm ihre Heimat, und wie versprochen kochte sie ihm eine Spezialität aus ihrer Region: Sie servierte „Pfefferpotthast", eine Art Rindergulasch mit besonderen Gewürzen. Ludwig konnte nicht genug davon bekommen. „Und was gibt’s zum Nachtisch?", fragte er schließlich. „Stippmilch mit Erdbeeren", antwortete Marion, „eine feine süße Quarkcreme. Die wird dir schmecken!"
Wenn Marion nicht längst Ludwigs Herz erobert hätte – jetzt wäre es um ihn geschehen gewesen. Nicht umsonst heißt es: „Liebe geht durch den Magen."